Meine erste Woche im Ashram

-Eine Woche habe ich hier schon hinter mir, und es kommt mir vor, als sei es schon ein Monat, so dicht ist das Erlebte.

Wir werden jeden Morgen um fünf mit einer Glocke geweckt, um halb sechs ist Aarti, ein Morgenritual, bei dem verschiedenen Gottheiten und Swami Gitananda, dem 1993 verstorbenen Guru des Ashrams gehuldigt wird mit einer kleinen Feuerschale, Räucherstäbchen und Gesang.

Es gibt hier im Ashram drei süße kleine weiße Hunde, die Mutter Bhumi (Sanskrit für Erde), der Vater Akash (Himmel) und die Tochter Bimi (Phantasiename), die bei allen Veranstaltungen mit dabei sind, dann meistens faul auf dem Boden liegen und manchmal plötzlich bellend durch das heiligste Ritual zur Tür rennen. Beim Essen liegen sie auch immer unter dem Tisch und gehen so in Konkurrenz zu den Krähen, die auch darauf warten, dass etwas runterfällt.

Von sechs bis acht ist Hatha-Yoga auf der Terrasse, die dem Meer und der aufgehenden Sonne zugewandt ist. So praktizieren wir den Sonnengruß direkt, wenn die Sonne aufgeht. Das ist richtig toll! Da wir den ganzen Tag viel auf dem Boden sitzen, machen w viele Lockerungsübungen für die Beine. Das tut meinen Knien sehr gut.

Dann gibt es super leckeres Frühstück, mit Obst, Idli (gedämpfte Reisküchlein), Sambar (eine Art Linsensuppe), Kokoschutney, Dosa (ReisPfannkuchen), und porridge oder Pudding.

Nach dem Frühstück karma Yoga, d.h. eine Stunde Mithilfe in Haus und Garten. Letzten Montag haben wir zu zweit unsere Terrasse von Krähendreck befreit. Ansonsten mache ich auch gerne etwas Gartenarbeiten.

Von 11 bis eins pranayama auf einer luftigen mit Bambus überdachten Terrasse. Diese Stunde mit den Atemübungen finde ich sehr schön, und sie tut mir sehr gut.

Um eins leckeres Mittagessen mit Salat, Reis, Suppe, verschiedenen Gemüsen und Chutneys. Alles sehr reichhaltig und lecker.

Die anschließende Mittagsruhe bis 16.15 Uhr kommt meinem eigenen Rhythmus sehr entgegen. Da ist Zeit für Mittagsschlaf, ein Bad im Meer, einen Eiskaffee in einer Strandbar oder auch einen kurzen Trip in die Stadt nach Pondicherry. Gerade sitze ich in einem italienischen Eiscafe in der Nähe von Auroville.

Dann findet der Yantrakurs statt, weswegen ich hier bin. Hier geht es um eine altes Wissen von Namen, Zahlen und Formen. Es ist sehr spannend und wird zunehmend komplizierter. Den Kurs leitet der Sohn von Gitananda, Dr. Ananda Bhavanani, Dr. Sir, wie er von den Kursteilnehmern genannt wird. Er ist ein Multitalent, Arzt, Yogalehrer, Sänger, leitet zusammen mit Ammaji, seiner Mutter, den Ashram, dazu noch ein Yoga-und Tanzzentrum in der Stadt. Dann reist er viel, hält Vorträge, Workshops in der ganzen Welt.

Das Abendessen um 18.00 Uhr ist leicht, meist gibt es Obst und Suppe, mal auch Popcorn oder Reisfladen – Pizza.

Nach dem Abendessen haben wir Unterricht in Sanskrit, karnatischem (südindischem) Gesang, wir singen Mantren oder Bhajans, das sind religiöse Volkslieder aus dem Hinduismus. Überhaupt singen wir sehr sehr viel, zu jeder Gelegenheit, vor dem Unterricht, danach, vor dem Essen wie ein gesungenes Gebet, beim Warten, usw. Es sind immer Lieder, die sich auf verschiedene Gottheiten beziehen: Shiva, Vishnu, Lakshmi, Ganesha und andere. Am Anfang fand ich das Singen etwas anstrengend. Aber je mehr ich die Lieder und die Melodien kennenlerne, umso mehr Spaß macht es. Vor allem der karnatische Gesang hat es mir angetan.

Fast jeden Abend gibt es einen Vortrag von Ammaji, der Hausherrin, über Themen rund um Yoga. Sie spricht sehr viel über prana, die Lebensenergie, und ist dazu auch sehr humorvoll. Um 21.00 Uhr ist Nachtruhe. Meist bin ich dann auch zum Umfallen müde. Vor dem Schlafengehen nochmal ein kleines Abendritual.

Im Ashram dürfen wir keine Schuhe tragen. Das war am Anfang sehr gewöhnungsbedürftig, vor allem in den Sanitärräumen. Inzwischen habe ich mich daran gewöhnt und gehe sonst auch oft barfuß raus. Ein ganz anderes Gefühl als in Schuhen.

Das andere, das noch gewöhnungsbedürftig war: es gibt kein Toilettenpapier im Ashram. Man säubert sich mit Wasser mit der linken Hand. Die linke Hand gilt als unrein (arme Linkshänder! )

Daher wird strikt nur mit der rechten Hand gegessen, oft auch ohne Besteck.

Sonntags
Sonntags gehen wir nach Kambaliswamy Madam in Pondicherry, etwa 8 km von hier entfernt, dort ist der ersten Ashram von Gitananda, den er unter Indira Gandhi in den 80er Jahren verlassen musste. Heute verfallen die tollen Gebäude zusehends. Es gibt einen kleinen Tempel und mehrere Schreine mit unterschiedlichen Göttern und die Gräber von Gitananda und anderen Gurus. Ein sehr besonderer Ort.

Wir treffen dort um elf ein, gehen erstmal zu den diversen Schreinen und singen dort die passenden Lieder für die jeweilige Gottheit: Ganesha, Shiva, Lakshmi, Saraswati, Skanda und natürlich für den Guru. Dann singen wir vielleicht eine oder zwei Stunden, während Ammaji unsere Malas – das sind kunstvolle Blütenketten – für das Grab von Gitananda bei einem Einzelgespräch in Empfang nimmt und uns wieder zurückgibt, damit wir sie auf das Grab legen können.

Dann gibt es eine Puja, eine Zeremonie, mit Dr. Ananda, der zuvor meist karnatischen Gesang darbietet.

Die Zeremonie findet in dem kleinen Tempel statt, bei den Schreinen und den Gräbern der verschiedenen Gurus, die hier begraben sind. Die wichtigste Station ist natürlich das Grab von Gitananda.

Das Ganze dauert etwa drei Stunden, danach gibt es Essen, serviert auf dem Boden auf einem Bananenblatt. Und natürlich wird mit der Hand gegessen.

Dresscode: Sari